Schwester Tod – Buchempfehlung

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Erni Kutter, Schwester Tod, Weibliche Trauerkultur, Abschiedsrituale, Gedenkbräuche, Erinnerungsfeste

Wer sich mit Ritualen und der Gestaltung von Abschiedsfeiern beschäftigt, kennt die Kluft zwischen den überlieferten Riten früherer Zeiten und der Ritenarmut moderner Begräbnisse. Gestorben wird meist in Kliniken und Pflegeeinrichtungen, die sozialen Einheiten, in denen Menschen leben sind kleiner geworden, Lebensübergänge werden nicht mehr gestaltet. Historisch ausgerichtete Beschreibungen von Sterbe- und Abschiedsritualen vergangener Zeiten wirken wie museale Relikte.

„Schwester Tod“ von Erni Kutter ist hilfreich, weil es beides zusammenbringt. Die Autorin verbindet historisches, rituelles und praktisches Wissen in Bezug auf die Sterbegleitung und den Tod. Sterbebegleitung und Totenfürsorge waren in unserem Kulturkreis eine Domäne der Frauen. Diesen Erfahrungsschatz hat die Autorin aufgespürt und in einem übersichtlich gegliederten Aufbau zugänglich gemacht. Der Fokus auf die weibliche Tradition bringt in den Blick, was uns allen, Frauen und Männern, gut täte. Eine Stärke des Buches ist, dass die Autorin frühere Gebräuche und Riten so aufgreift, dass sie auch im heutigen Kontext durchführbar sind. Es geht ihr nicht nur darum, Früheres darzustellen, sondern darum, es wieder zu beleben und für unsere Zeit weiterzuentwickeln.

So stellt sie neben den historischen Figuren wie die „Weißen Frauen der Sagen“, der heiligen Notburga oder Gertrud von Helfta gleichberechtigt Beispiele aus dem Wissen und das Können vieler Frauen, die in den vergangenen Jahren weibliche Bestattungskultur geprägt haben.

Die Erfahrungsberichte von Frauen, die Rituale und Feiern selbst gestaltet haben, geben einen Einblick in die Möglichkeiten alternativer Gestaltungsformen. Die Anleitung zur Gestaltung von Trauerritualen benennt den entscheidenden Punkt: Es geht nicht um eine perfekte Inszenierung oder eine zur Schau getragene Souveränität, sondern um ein authentisches Beteiligtsein und innere Präsenz. Mit dieser grundlegenden Haltung, die vor jeder konkreten rituellen Handlung kommt, unterscheidet sich dieses Buch wohltuend von anderen Veröffentlichungen, die einfach nur Gestaltungselemente aufzählen.

Anregend ist am Ende die Zusammenstellung von Betrachtungen, Gedichten, Gebeten und Segensworten. Diese Texte sind passend zum Fokus des Buches ausgewählt und vielfach überraschend, da ein ausreichend großer Teil nicht bereits aus bekannten Textsammlungen bekannt ist. Erni Kutter lädt die Lesenden immer wieder ein, das Gelesene auf das eigene Leben anzuwenden. Die Impulse zum Nachdenken laden zum Verweilen ein, genauso wie die zahlreichen Abbildungen in Farbe und Schwarzweiß. Im Dreiklang Sterben, Abschiednehmen und Gedenken führt die Autorin die Lesenden ohne musealen Blick durch die Jahrhunderte. Es geht ihr um ein gutes Sterben, Abschiednehmen und Gedenken in der Gegenwart. Wem dieses ein Anliegen ist, wird durch „Schwester Tod“ bereichert.

Verlag: Kösel, Erscheinungstermin: 19. April 2010
Paperback, Broschur, 208 Seiten, 16,5 x 24,0 cm
Mit zahlr. z.T. farbigen Abb.
ISBN: 978-3-466-36877-8
€ 17,95 [D] | € 18,50 [A] | CHF 31,90

Über Erni Kutter (Autorin)

Erni Kutter, geb. 1947, Dipl.-Sozialpädagogin, war von 1981 bis 2006 Leiterin der Fachstelle für Alleinerziehende und Frauenarbeit im Evang. Dekanatsbezirk München. Heute freiberuflich in den Bereichen Erwachsenen- und Frauenbildung tätig. Seit 20 Jahren beschäftigt sie sich mit den Bereichen Frauengeschichte, Kulturanthropologie, Mythologie und spirituellen Frauentraditionen unseres Kulturkreises. Langjährige Praxiserfahrung in Krisenberatung, Bildungsarbeit sowie Tanz- und Ritualgruppen.
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Autor:
Datum: Freitag, 6. August 2010 23:46
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