Die Dichter wussten es schon immer

© Pavel Losevsky - Fotolia.com

Ohne Tod wären wir nichts. Marie Luise Kaschnitz gibt ein interessantes Experiment an die Hand:

Wenn einer sich vornähme, das Wort Tod nicht mehr zu benützen, auch kein anderes, das mit dem Tod zusammen hängt, mit dem Menschentod oder mit dem Sterben der Natur. (…)

Er hätte es nicht leicht, dieser Schreibende, jeden Augenblick müsste er sich zur Ordnung rufen, etwas, das sich eingeschlichen hat, wieder austilgen, schon der Sonnenuntergang wäre gefährlich, schon ein Abschied, und das braune Blatt, das herabweht, erschrocken streicht er das braune Blatt.

(Marie Luise Kaschnitz, aus: Steht noch dahin, Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlage, 6. Aufl. 1981, S.21)

Dichter drücken in den Bildern der Natur ihre Erfahrungen mit dem Sterben aus. Zentral ist der Wandel und die Natürlichkeit des Todes. Viele Menschen fühlen sich von diesen Bildern emotional mehr angesprochen als von der christlichen Symbolik. Diese ist im Laufe der Geschichte entstanden und kulturell gewachsen . Die Natur ist unmittelbarer, auf dem gesamten Planeten zu finden, wir sind als Menschennatur Teil des großen Ganzen. Ein  Spaziergang im Wald oder am Strand bringt damit in Kontakt. Leben und Sterben sind so sinnfällig in der Natur.

Die Dämmerung naht -
im Sterben liegt der Tag…
Else Lasker-Schüler (aus: die Dämmerung naht)

Blätter fallen. Mich berührt
Was sich sanft bewegt (…)
Max Löwenthal (aus: Im Fallen)

Jede Blüte will zur Frucht,
Jeder Morgen Abend werden.
Ewiges ist nicht auf Erden
Als der Wandel, als die Flucht…
Hermann Hesse (aus: Welkes Blatt)

Autor:
Datum: Samstag, 12. September 2009 14:00
Trackback: Trackback-URL Themengebiet: Bonmot, Trauer

Feed zum Beitrag: RSS 2.0 Diesen Artikel kommentieren

Kommentar abgeben